Archive for Juli 2010

Sieben Tage in Tibet – Tibetische Schweiz

Nach einer kurzen Übernachtung in Bayi fuhren wir am nächsten Tag wieder zurück nach Lhasa. Die Fahrt war landschaftlich wieder ein Augenschmaus. Aber im Falle dieses unglücklichen Buses sorgte sie offenbar nicht nur für eine Ablenkung  der Passagiere. Ein anderer Grund um spektakulär vom Weg abzukommen wäre im Hinblick auf die vielen Warnschilder schwer vorstellbar, selbst wenn der Fahrer nur Englisch gekonnt hätte.

Als Highlight des Tages besuchten wir den See Basomtso, welcher dem sich aufdrängenden Bild von tibetischer Schweiz noch mehr Nahrung gab. Es fehlten eigentlich nur noch die Schweizer Fahne und die pittoresken Kirchtürme. Stattdessen fanden wir auf der Insel in der Mitte vom See einen kleinen buddhistischen Tempel, welcher sich, sehr zur Belustigung der Touristen, durchaus weltliche Problematiken zu widmen scheinte,. Im Anblick derartig bildlicher Symbolik, verblassten sowohl tibetische Shamisen-Spieler als auch der Aufmarsch dieser tierisch niedlichen Familie zur Nebensache. Bei der Erkundung der reichlich von buddhistischen Mantra-Flaggen behangenen Insel wurde uns auch erzählt, dass hier früher tibetische Wasser-Bestattung stattfanden. An der besagten Stelle sollen die menschlichen Überreste zerkleinert in den See geworfen worden sein, damit sie von „heiligen Fischen“ verzehrt und somit wiedergeboren werden.  Deswegen würden Tibeter in der Region auch keinen Fisch essen. Egal wie das Ganze wohl abrief, zum Gruseln war das Wetter in der „tibetischen Schweiz“ definitiv viel zu schön.

Den Abend verbrachten wir wieder entspannt in Café Makyeame mit Tasse Käffchen und Teigkuchen aus Tsampa (tibetischer Gerstenbrot). Als wir uns gegen Mitternacht nach Hause machten, beobachten wir wie hunderte von Pilgern auf Händen und Füssen in der Dunkelheit der Nacht den Jokhang Tempel betend umrundeten…

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Sieben Tage in Tibet – Unterwegs nach Bayi…Ba wo?

Zwei Tage Lhasa. Das ist erstmal genug „Großstadt“ für Urban Cowboys, die eigentlich nach Tibet gekommen waren, um  (temporär zumindest) dem weltlichen Leben zu entsagen. So verließen wir am dritten Tag die Tibet-Metropole Lhasa und machten uns auf nach Osten der autonomen Region. Unser Ziel ist die Stadt Bayi. Bayi (八一) heisst auf chinesisch „1. August“ und ist eigentlich der Tag der Gründung der chinesischen Volksbefreiungsarmee (1.8.1933). Dass eine Stadt danach benannt wird, deutet implizit darauf, dass Bayi eigentlich kein normaler Ort sondern ein bedeutender Miliärstützpunkt ist. Das zeigte sich auch später auf der Reise. Der Osten von Tibet ist wesentlich strenger bewacht als der Rest der Region. Es gibt wesentlich mehr Strassensperren und ohne ein gültiges Einladungssschreiben dürfen bestimmte Gebiete von Zivilisten (und insbesondere Ausländern) gar nicht betreten werden. Bayi selbst als Stadt ist eigentlich langweilig. Außer unzählige, als Friseurläden getarnte, Bordelle (mutmaßlich zur Beruhigung der Truppen) gibt es in der Stadt eigentlich nichts aufregendes zu sehen.

Wesentlich interessanter war die acht-stündige Fahrt in unserem Minivan dorthin. Wie heisst es so schön, der Weg ist das Ziel, auch wenn dieser öfters als uns lieb war von wandernden Nutztieren mitbenutzt wurde. Immerhin hatten wir so die Möglichkeit, einige landschaftliche Perlen beim Vorbeifahren mit der Kameralinse zu erfassen. Denn ansonsten donnerte unser Fahrer zum Unmut der Hobbyfotografen in der Reisegruppe, fast immer mit Tempo 100 durch die Gegend, und das auf der berüchtigte Sichuan-Tibet-Route, die als besonders gefährlich galt.  Das zeigte sich zum Beispiel daran, dass an manchen Stellen explizit mit Hinweisschildern zum Einsatz von Hupen aufgefordert wurde. Und auch diese hübsche Polizistenattrappe stand mahnenderweise alle paar Kilometer. Ob diese noch abschreckende Wirkung auf Temposünder hatte, war nicht überliefert. Einigen waghalsigen Verkehrsteilnehmern wie diesem Mopedfahrer mit eingebautem (Schleuder)Sitz für Babies dürfte die Antwort wohl ziemlich egal sein.

Eine andere Möglichkeit, um an unverwackelte Bilder zu kommen, boten die vielen Pausen zur Erleicherung der Blase in der freien Natur, u.a. weil auch die vorgesehenen Pickelstätten nicht wirklich einladend wirkten. Ich war auf jedenfall überrascht, was man(n) beim Pinkeln für schöne Bilder schießen vermochte. Auch mussten wir öfters gezwungenermaßen an Ortschaften halten, weil unser Fahrer mal wieder zu schnell gefahren war. Es gibt auf der Landstrassen von Tibet nämlich eine interessante Methode zur Eindämmung von Raserei. Zur Beginn der Strecke kriegt jeder Fahrer ein Zettel von der Polizei in die Hand gedrückt. Dort steht, wann er wo losgefahren ist. Am Ende einer bestimmten Strecke steht wieder eine Polizeikontrolle, welche den Zettel überprüft. Hat der Fahrer  für die Strecke weniger Zeit gebraucht im Vergleich zu einem Richtwert, so gilt er zu schnell gefahren und muss zahlen. Eigentlich ein durchdachtes Konzept, nur mit einem wesentlichen Haken. Die meisten Fahrer halten nämlich kurz vor der Zielkontrolle an und sitzen die fehlende Zeit einfach ab! Somit rasten absurdeweise alle immer noch wie der Teufel und warten dann am Ende der Strecke. So legte unser Fahrer auch desöfteren eine „Raser-Pause“ ein. Diese wurde natürlich fleissig zum Fotos machen benutzt, dabei entstanden weltbewegende Bilder von diesem  Sustainable Kochherd oder das von einem zugegeben sehr süssen Vollblut Do Khyi, eine seltene tibetische Hunderrasse. Da der Osten von Tibet höhentechnisch tiefer liegt, wurde die Vegetation auch mit der Zeit dichter und grüner je näher wir Bayi nährten. Wenn man die knall-bunten Häuser wegdenken würde, welche die Tibeter mittlerweile mehr bevorzugen als das traditionellere Leben in Zelten. , könnte man fast meinen, man sei in „Tibetische Schweiz“ gelandet.  „Must-Sees“ werden natürlich extra ausgeschildert, wie etwa dieser tolle Fels in der Flussmitte. Den hätte ich gerne als Souvenir mitgenommen. Dort trafen wir übrigens auch paar echte Abenteuerer aus Peking, die mit ihrem Jeep den ganzen Weg von der Hauptstadt aus gekommen waren.

Die holprige Fahrt nach Bayi hatte ihren Preis. Eine Mitreisende musste wegen Verdacht auf akute Blinddarmentzündung in die Notaufnahme, womit wir die einmalige Gelegenheit hatten das einzige Krankenhaus bzw. „Emergency Canter“ von Bayi zu begutachten. Der behandelnde tibetischer Arzt war aber super nett und hatte sogar die Diagnose kostenlos gemacht. Zum Glück war nichts schlimmes und wir konnten die Reise am nächsten Tag fortsetzen.

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Sieben Tage in Tibet – Sequel in Lhasa

Eine Musical-Vorstellung in Tibet? Was spontan nach einer abgefahrenen Idee klingt, war tatsächlich unser Abendprogramm am ersten Tag in Lhasa.  Und zwar steckte hinter dem einwenig platten Namen „Happiness on the Road“ eine aufwendig inszinierte Folklore zur Förderung der Tibetischen Kultur. Tatsächlich war die Mischung aus Pocahonta und König der Löwen durchaus eine spektakular Angelegenheit, tanzende Lamas inklusive.  Leider meinte mitten in der Vorstellung ein älterer Zuschauer hinter mir, er müsste die Schleimproduktion in seinem Rachen gleich an Ort und Stelle entleeren… Ich sage mal so, danach war meine Konzentration etwas geteilt.

Am zweiten Tag fuhren wir hinaus nach Ganden.  Der 50 Kilometer außerhalb von Lhasa, imposant an einem steilen Berghang gebauten Kloster ist bekannt als der Hauptsitz der Gelug-Schule. Gegründet vom großen Reformator der tibetischen Buddhismus, Tsongkhapa,  fiel der Kloster in den 60ern Jahren des vorigen Jahrhunderts der Zerstörungswut der chinesischen Kulturrevolution zu Opfer, wurde in den letzten Jahren aber weitgehend wieder aufgebaut. Auf dem Weg dorthin begegneten wir entlang der Landstraße immer wieder Gruppen tibetischer Pilgern, die unterwegs nach Lhasa waren. Der Art der gewählten Fortbewegung (alle zwei Schritte sich auf Boden werfend) machte es nicht leicht einzuschätzen, wie lange diese schon unterwegs waren.

Anders als Kloster Drepung, wo mehr Touristen als Mönche rumlaufen, konnte man in Ganden tatsächlich noch sowas wie die asketische Abgeschiedenheit des Klosterlebens nachempfinden. Ein Grund dafür mag die steile Bergstrasse sein, welche der Kloster wirklich schwer zugängig macht für die großen Touri-Bussen. Ohne All-Rad Antrieb käme man schlecht in die Nähe von Ganden. Diejenigen, die die Strapazen auf sich nehmen, wurden jedoch belohnt durch metaphorische Ausblicke und überwältigende landschaftliche Schönheit . Besonders gefallen haben mir die vielen kleinen Meditationsstuben in Ganden, bestechen sie doch durch viel Liebe zum Detail. In der Tat, die spürbare Gelassenheit in Ganden schiehen manchmal sogar auf nicht-menschliche Bewohner dieses heiligen Ortes auszudehnen.

Um die spirituelle Reise zu komplettieren, besuchten wir am Nachmittag noch Sera, den letzten der drei großen Klöster von Lhasa. Vom ersten Eindruck her auch ein sehr idyllischer Ort, entpuppt sich der Besuch jedoch als das genaue Kontrastprogramm zum Kloster Ganden. Ehemals errichtet als buddhistische Schule, besitzt Sera wie viele Klöster einen Debatierhof, wo junge Mönche lautstark (und oft mit Gebärden) über die richtige Interpretation von religösen Schriften streiten. Leider ist diese Übung mittlerweile in Sera völlig verkommen  zu einer Touriattraktion. Eine große Gruppe von debatierenden Mönchen bei deren Selbstdarstellung zu beobachten, während sie von einer noch größeren Gruppe von Digi-Kamera schwingenden Touristen umzingelt werden, entsprach nicht unbedingt  meiner Vorstellung einer spirituellen Auseinandersetzung mit dem Buddhismus. 😀

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Sieben Tage in Tibet – Erster Tag in Lhasa

Majestätisch thronte der weitläufige Potala Palast wie eine mächtige Zitadelle über die ansonsten von flachen Bauten dominierten Innenstadt von Lhasa. Die rote chinesische Flagge, welche hoch über dem weinrot-angemalten Hauptflügel des Palastes wehte, verleihte dem ehemaligen Wohnsitz des 14. Dalai Lamas einen leicht martialischen Schliff. Dennoch ist der Palast keine Festung, sondern eine der heiligsten Pilgerstätten des tibetischen Buddhismus.

Unser Tag begann früh. Kaum erholt von den Strapazen der langen Zugfahrt und noch geplagt vom leichten Kopfschmerzen, Symptom der Höhenkrankheit, standen wir mit schläfrigen Augen am Eingang zum Palast und warteten brav als Teil des täglich auf 3000 limitierten Besucherkontingents auf Einlass. Während wir rumstanden, zog ein nicht enden wollender Strom von frommen tibetischen Pilgern, alt und jung, mit der mobilen Gebetsmühle ausgestattet an uns vorbei. Der komplette Mai stand im Zeichen von Saka Dawa, das heiligste Fest des tibetischen Buddhismus. Einige ganz fromme Pilger, die über tausende von Kilometer zu Fuß anreisen, überwanden die Strecke mit einem unglaublichen Kraftakt. Sie kamen nicht einfach zu Fuß, sondern brachten ihre Ehrfurcht vor Buddha zum Ausdruck, in dem Sie alle zwei Schritte sich flach auf den Boden ausstrecken. Überhaupt dominierten Pilger das Strassenbild in den Tagen unseres Aufenthalts in Lhasa. Anders als Touristen, wurden Pilger überall freier Eintritt in Tempeln gewährt. Sie waren oft daran zu erkennen, dass sie Kannen von Yak-Milch und Yak-Butter bei sich trugen als Opfergaben für die verschiedenen Gottheiten und Heiligen-Statuen. Viele der Buddhastatuen sind, wie ich auch aus Japan kenne, sorgsam in feinen Gewänden eingekleidet. Neben der Besichtigung von Unmengen von spirituellen Räumlichkeiten, u.a. die ehemaligen Schlafgemächer des Dalai Lamas, seine Meditationshalle sowie die goldenen Sarkophagen seiner Vorgänger, durften wir hoch oben vom Palast auch einen herrlichen wolkenfreien Panorama-Blick über die halbe Million Einwohner-Stadt Lhasa genießen.

Da wir die Morgenstunde sinnvoll nutzen wollten, ging es sogleich weiter zur nächsten religiösen Sehenswürdigkeit Drepung, ehemals einer der größten Staatsklöster in Tibet, wo über 10,000 Mönche lebten. Von den goldenen Zeiten zeugten auch die riesigen, auf Felsen gemalten, Bildnisse von Buddha an den Berghängen direkt hinter dem Kloster.  Mittlerweile leben in Drepung etwa 640 Mönche. Als wir dort ankamen, nahmen die meisten Mönche gerade an einer Meditationsstunde teil.  Der Eingang vor der Meditationshalle ist übersäht von herrenlosen Schuhen. Man sieht, auch tibetische Mönche tragen mittlerweile Nike. Allerdings frage ich mich ernsthaft, wie es gewesen sein müsste, als der Kloster noch 10,000 Mönche hatte. Wie hatte man damals nach der Meditationsübung jedes Mal seine Schuhe wiedergefunden? 😀

Nach soviel Buddhismus war ein Nachmittag-Bummeln durch Barkhor, die Altstadt von Lhasa mit seinen vielen verwinkelten Gassen voller einzigartige Gerüche und Farben genau das richtige. Zwischen den traditionell weiss-angestrichenen Häusern mit schön dekorierten Fensterläden fanden sich orginelle Touri-Fallen ehm.. Souvenirläden mit allerlei kitschigen Handwerkskünsten, welche das (überwiegend weibliche) Touri-Herz höher schlagen lassen.  Nun… zugegeben, für den männlichen Tourist war auch was dabei. Das Area gehört wohl zu einem der stärkten überwachten Gegend von Lhasa. Überall konnte man  bewaffnete Militärs und SWAT-Einheiten sehen, wie sie gegen den Strom der Pilger patrouillierten. 2008 war hier nicht grundlos einer der Brennpunkte der gewaltsamen Unruhe. Zentrum von Barkhor bildet nämlich der heiligste Ort in ganz  Tibet, der Jokhang Tempel. Grundlegung c.a. im Jahre 639 zur Feier der Vermählung zwischen dem tibetischen Königs Songtsen Gampo mit der Tang-Prinzessin Wen Cheng, beherbergt diese UNESCO Weltkulturerbe eine einzigartige Sammlung an tibetische Kulturschätze. Der Besuch des Jokhang Temples ist für jeder Tibeter so verbindlich wie eine Reise nach Mekka für die Moslems. Entlang der Außenmauer konnte man Tag und Nacht tibetische Pilger beobachten, wie sie in Uhrzeigersinn um den Tempel ihren Bahnen ziehen und vor sich hin beten.

Unsere müden Füssen ließen wir schließlich im Café Makyeame baumeln, ein bunter Platz, welcher unter abenteuerlustigen Backpackern Kultstatus genießt.

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11 Freunde müsst Ihr sein…dann müsst Ihr auch Messi nicht fürchten!

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