In Shanghai steht derzeit alles im Zeichen der EXPO 2010 Vorbereitung. Ein wichtiges Vorbereitungsprojekt ist die (Um-)Erziehung der Bürger im Alltagsverhalten im Hinblick auf ein best mögliches Bild der Stadt den zigmillionen EXPO-Besuchern gegenüber. Z.B. läuft gerade eine Kampagne zur zivilisierten Nutzung von Rolltreppen, an denen traditionell in Shanghai alltägliches Gedränge und Verstopfung herrschen. Nun sollen hongkonger bzw. japanische Verhältnisse eingeführt werden. So kann man an fast jeder Rolltreppe in der Shanghaier U-Bahn beobachten, wie Schüler in Uniformen (die sich natürlich freiwillig für die Aktion gemeldet haben) einen Schild hochhalten, auf welchem mit bunten Lettern steht „Links gehen, Rechts stehen, gücklich Rolltreppen fahren“ (左行右立, 快乐乘梯). So manche Rolltreppenfahrer sind erstmal irritiert, wie etwa die ältere Dame auf dem leicht unscharfem Foto, welches ich gemacht habe. Aber erstaunlich viele Leute halten sich gar daran. Vermutlich tun das die meisten Leute, weil sie noch nicht abschätzen können, ob diese spontane Aktion ein unverbindlicher Hinweis ist, oder aber eher eine offizielle Warnung, die bei nicht Einhaltung sofort paar Militärpolizisten auf den Plan rufen. Übrigens patroullieren mittlerweile tatsächlich viele von den netten Zeitgenossen zusammen mit der normalen Polizei auf Shanghaier Strassen. Bei einer Stadt, die ohnehin schon für ihre kaum vorhandene Kriminalitätsrate bekannt ist, hat die Zurschaustellung der öffentlichen Sicherheit fast schon was von Paranoia. Nun ja, nach EXPO werden wohl beides wieder relativ schnell verschwinden, die Militärpolizisten und das zivilisierte Verhalten an der Shanghaier Rolltreppen. Letztere wäre mal tatsächlich eine Verlust für die Stadt…
21 Apr