Viele von Euch werden sicherlich fragen, was ich in Beijing sonst so treibe. Immerhin können paar Sightseeing-Aktivitäten am Wochenende wohl kaum meine Freizeit derart in Anspruch nehmen, dass ich kaum noch zum Bloggen komme. Womit ihr recht habt! Tatsächlich bin ich wohl zur Zeit so busy wie noch nie in meinem Leben. Hierzu fällt mir ein Filmzitat aus Matrix Teil 1 ein:
„Thomas A. Anderson is a man living two lives. By day he is an average computer programmer and by night a malevolent hacker known as Neo“ – Agent Smith
Nun ich bin weder Programmierer noch Hacker, auch wenn ich durchaus mein Brötchen in der IT-Branche verdiene. Aber tatsächlich führe ich sowas wie ein Doppelleben in Beijing. Am Tag bin ich einer von vielen anonymen White-collar Workers, wenn auch ein etwas sonderbarer, sobald ich meinen Mund aufmache :). Und abends (und oft gerne auch bis tief in die Nacht), verwandle ich mich in den eifrigen Tango-Azubi, der durch die Milonga-Szene von Beijing geistert und wehrlose Tangueras (=Tangotänzerinnen) zum Tanzen auffordert, oftmals ohne groß Rücksicht zu nehmen auf mögliche (Gesichts-)Verluste, verschuldet durch meine immer noch sehr beschränkte Tanzfähigkeit.
Obgleich es bei Milonga für die weibliche Part durchaus die Möglichkeit vorgesehen ist, die Aufforderung zum Tanzen ohne weitere Erklärung abzulehnen, machen gerade in Beijing (zum Glück) kaum eine Dame davon gebrauch. Und ich habe noch nicht ganz raus, ob es an der mangelnden Männerauswahl liegt, dass selbst gute Tänzerinnen sich immer wieder mit meinen (noch!) bescheidenen Tanzkünsten abgeben, oder aber daran, dass Chinesinnen von Haus beigebracht werden, einem Mann nie sein Gesicht verlieren zu lassen. Wie auch immer geartet, für meinen Lernfortschritt war es bisher immer sehr dienlich. Ein weiterer Vorteil vom Tango-Tanzen ist, man lernt unheimlich schnell eine bunte Mischung an Leute kennen, die alle die Leidenschaft für Tango Argentino verbindet. Eine bessere Möglichkeit in Beijing Anschluss zu finden hätte ich mir gar nicht zu erträumen gewagt. Tatsächlich verbringe ich nun einen Großteil meiner Freizeit mit Tango-Lernen und Üben. Eigentlich ein Glücksfall, dass ich derzeit arbeitstechnisch noch viel mit Kollegen aus Deutschland zu tun habe, und somit dank des Zeitunterschieds von sieben Stunden morgens nicht allzu früh zur Arbeit muss. 😉
Diese Zeilen verfasst der erschöpfte Tango-Azubi übrigens nach einer durchtanzten Milonga in Hidden Dream Cáfe, ein wunderschönes Buenos Aires-Style Tango Café in einem ehemaligen chinesischen Fürsten-Residenz aus der Qing-Dynasty (段祺瑞执政府旧址).
Three (inofficial) Rules of Tango Argentino:
1. Make the Woman happy!
2. Listen to the Music!
3. Dance with Beauty!
Was so gesagt wird…