Archive for Januar 2010

Erlebnis SanLiTun

Da sich schon einige Leute gefragt haben, ob ich nicht etwa (dank meines letzten Gruppenfotos mit Mao auf dem Tiananmen-Platz) von der chinesischen Geheimpolizei abgeholt wurde, möchte ich hier schnell mal Entwarnung geben. Mir geht es gut und ich bekomme genug zu essen. 🙂 Nur ist es leider Gottes halt so, dass sich zu meiner spannenden Abenteuer in Beijing nun auch endlich der berufliche Alltag hinzugesellt hat und ich nun arbeitstechnisch ausgelastet bin. Da bleibt leider neben der umfangreichen Entdeckungsreise in Beijing und dem Arbeiten nicht mehr viel Zeit zum nebenher Bloggen. Leute, die in der Software-Entwicklung arbeiten, würden es verstehen. Gibt es doch allgemein nichts lästigeres als die eigenen kreativen Ergüsse hinterher noch mühsam für die Nachwelt dokumentieren zu müssen. Aber im Gegensatz zur Software-Entwicklung mache ich das ganze hier ja auch einwenig zu meinem privaten Vergnügen. Insofern werde ich weiterhin versuchen, regelmässig aus der chinesischen Hauptstadt zu berichten. Nur muss sich das Pensum halt noch entsprechend einpendeln.

Gestern habe ich mich beim schönen Wetter wieder auf die Entdeckungsreise gemacht und war diesmal im schicken Ausgehviertel Sanlitun.  Hauptsächlich architektonisch wußte der von unzähligen Bars und Restaurants umgebenen Komplex zu beeindrucken. Ich habe mir daher etwas Zeit genommen, das Labyrinth-ähnliche Area abzulaufen. Die Geschäfte, haupstsächlich Niederlassungen bekannter westlichen und japanischen Labels, fand ich eher weniger spektakulär, nun ja, ausser vielleicht die breite Auswahl der „Family Planning“-Artikel in Watsons. 😉

Wesentlich interessanter war auch das bislang einzige Apple-Store in China. Bevor jetzt jemand fragt, nein, das neue iPad hatten sie leider nocht nicht da. Als ich ankam, fand auf dem Platz davor gerade ein kleines Eiskunstlaufwettbewerb für Kinder statt, welches ich genauso dokumentiert habe als auch meine leckeren Dumplings, die ich mir zu Mittag gegönnt habe.

Ein lustiges Intermezzo erlebte ich auch im Starbucks von SanLiTun. Als ich mein Soja Latte abgeholt habe, meinte die Bedienung an der Kasse zuerst laut auf English zu mir „Twenty- Eight please!“,  nur um dann leise schüchtern auf Chinesisch nachzuhaken: „Ehm Tschuldigung, war das jetzt richtig ausgesprochen?“. Da musste ich erstmal nachdenken, was da gerade kaputt war. :mrgreen:

Weitere Lessons-Learned:

Ich bin in einer Großstadt, wo sich niemand den Kopf über die Stromrechnung machen muss.

In Peking tragen knuffige Hunde gerne mal schicke Schuhe, und zwar vorne und hinten mit unterschiedlichen Farben!

Weihnachten ist immer noch nicht vorbei, zumindest in China nicht…

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Der „dampfende“ Froschkönig

Das komische Geschöpf auf dem Foto entdeckte ich, als ich zufällig am Schreibtisch einer Kollegin vorbeiging.  Es ist weder ein verspieltes Kinder-Radio noch ein neumodischer Reiskocher in Tierdesign, sondern ein elektischer Feuchtigkeitsspender (加湿器). Mit Wasser gefüllt, entweicht nämlich im Betrieb Wasserdampf aus den Schlitzen oberhalb der Froschaugen  und sorgt somit in trockenen (da hoffnungslos überheizten) Büroräumen für eine Steigerung der Luftfeuchtigkeit am Arbeitsplatz.  Es hat einen gewissen Unterhaltungswert, wenn plötzlich Wasserdampf an manchen Arbeitsplätzen entsteigt. Man hat dann das Gefühl, man ist gerade in einer chinesischen Dumpling-Garküche gelandet. 🙂

Warum es allerdings in Froschdesign gehalten ist, entzieht sich jetzt mein Verständnis. Vermutlich soll das Produkt besonders office ladies ansprechen, die noch nicht unter die Haube gekommen sind und daher verzweifelt auf ihren Froschkönig warten. 🙂

Vici, Edi, Saltavi ;)

Ich habe heute etwas gemacht, was eigentlich ein ungeschriebenes No-Go ist, wenn man vorhat, halbwegs länger in einer Stadt zu verweilen: Ich habe mir das touristische Wahrzeichen der Stadt schlechthin angeschaut. Dabei habe ich mich dann auch vom Massentourismus anstecken lassen. Es war übrigens keine leichte Aufgabe, ein Foto nur mit mir und Mao zu machen. Schätzungsweise eine halbe Million Menschen wollten nämlich mit auf das Bild. 🙂

Es kam mir vor wie pure Paranoia, aber die strenge Sicherheitsmaßnahmen, um auf den Tiananmen-Platz zu gelangen, war nicht minder streng wie am Flughafen. In den unterirdischen Zugängen zum Platz wurde jeder kontrolliert und jedes Gepäckstück durchleuchtet. Ich musste sogar meine Wasserflasche aus der Hand geben. Hätte ja sein können, dass ich flüssigen Sprengstoff oder sonst was entflammbares reinschmuggeln wollte, um beim besten Touristenwetter ein unvergesslich heisses politisches Statement zu hinterlassen (was übrigens irgendwann mal einige FaLongGong-Anhänger wohl tatsätzlich gemacht haben sollten).

Irgendwie stand der Tag ganz im Zeichen von Touristenkitsch. So war ich dann auch stilecht Pekingente Essen. Die schwarzbraune dicke Soße vorne links ist übrigens sowas wie ein Heiligtum und das eigentliche Highlight. Jedes namenhafte Pekingente-Restaurant in der Hauptstadt, das traditionell was auf sich hält (und davon gibt es erstaunlicherweise nur ein Handvoll), hat sein eigenes Geheimrezept, das über Generationen nur in der Familie vererbt wird.

Ach ja, fast hätte ich mein eigentliches Highlight des Tages vergessen. Ich habe heute nämlich spontan meinen ersten LA-Salsa-Tanzkurs belegt. Da ich schon kubanisches Salsa getanzt habe und somit einiges an Erfahrungen mitbrachte, habe ich nun in Schnelldurchgang den kompletten Anfängerkurs an einem Nachmittag absolviert, die Mittelstufen übersprungen und bin ab morgen bei den Fortgeschrittenen dabei. 😀 Trotzdem war es wahnsinnig hilfreich, mal die Grundschritte von LA-Salsa zu verinnerlichen, die doch in Detail anders sind als kubanische, in die ich auch heute aus Gewohnheit desöfteren zurückgefallen bin.

Auf dem Weg zum Salsakurs kam ich übrigens am Botschaftsviertel von Beijing vorbei. Am Eingang von der südafrikanischen Botschaft kann man schon mal das Countdown bis zum Fußball-WM mitzählen. Die deutschen Botschaft vermittelte dagegen eher das Flair eines chinesischen Arbeitslagers.

Apropos Sport, was macht man, wenn man als Shopping-Mall  im harten Konkurrenzkampf um jeden Preis hervorstechen möchte und sowieso gerade zuviel Platz im Hause hat? Genau! Man baut einfach eine Indoor-Eislaufbahn. Auf die geniale Idee muss man erst kommen!

Ein Stück Japan in China

Heute habe ich tatsächlich geschafft, ein Bankkonto zu eröffnen. Und zwar habe ich mich für die China Merchants Bank entschieden und die Wahl fiel nicht wirklich schwer. Zusammen mit einigen anderen überpünktlichen Kunden stand ich nämlich heute bereits eine halbe Stunde vor der regulären Öffnungszeit am Eingang der Bank. Zu meiner Überraschung war aber bereits eine überfreundliche Angestellte zur Stelle und hatte die wartenden schon nach ihren Anliegen gefragt und gleichzeitig Beratung gegeben, an welchen Schalter man später gehen sollte bzw. welche Formulare man auszufüllen hatte. Beim Hineingehen standen dann alle Angestellte stramm in reih und glied und trugen mit tiefer Verbeugung Begrüßungsfloskeln vor. Und wenn man eine Frage stellte, kamen mindestens drei Bankangestellten und umzingelt einen mit gutgemeinten Ratschlägen, die nicht immer alle hilfreich waren. Aber die Wille war da. 😀 . Solch eine Kundenorientierung, die eher an japanische Verhältnisse erinnert,  war ich bislang von chinesischen Banken gar nicht gewöhnt und zeigte mir, welchen weiten Weg China auf dem Servicesektor in den letzten Jahren zurückgelegt hat. Dass man diese positive Erfahrung leider noch nicht zwingend bei jeder Bank machen kann, zeigte mir dann ein kurzer Abstecher in die sterilen Hallen einer namenhaften staatlichen Bank gleich nebenan. 😕

Anbei noch ein Snapshot aus dem Bürofenster am Abend.  Ich war natürlich nur zu Besuch da. Offiziell habe ich ja noch gar nicht die Arbeitserlaubnis, um Malochen zu dürfen. 😉

Frisch & Lecker

Heute habe ich eine Seite von Beijing kennengelernt, die sicherlich 99% der über 10 Millionen Einwohner dieser Stadt nie zur Gesicht bekommt, nämlich wie unglaublich angenehm (aber auch gleichzeitig unverschämt dekadent)  das Leben in einem der vergleichsweise vielen luxuriösen Serviced Appartments der Stadt sein kann. Man mag zwar vieles mit der Bezeichnung „gepflegter westlicher Standard“ verteidigen. Aber ich gehöre halt (noch) nicht zu den Menschen, die begehbare Kleiderschränke in Kleinzimmerformat mit Marmorschiebetüren und in Wänden eingelassene 70 Zoll LCD-Fernseher in jedem Zimmer als „normaler Wohnstandard“ bezeichnet. Nun denn, mein freundlich bemühter Location Manager, mit dem ich heute gut 10 Appartments abgeklappert habe, erfreute sich jedenfalls beste Laune. Es stellt sich heraus, dass er sogar vier Jahre lang in Holland studiert hat und deswegen auch schon in Deutschland war. Neben Frankfurt und Berlin gehörte sogar auch ein kleines Dorf namens Aachen zu den Städten, die er besucht hat. Er erzählte daraufhin auch aufgeregt, wie ihm offenkundig die „Kleinstadt-Atmosphäre“ von Aachen positiv angetan hätte.

Ansonst als Abschluss: Ein Erdbeeren-Sahne-Sandwich von 7-Eleven. Ein Stück Nahrungsmittel, was mir den Anstoß gibt, die Eßgewohnheiten meiner Landsleute neu zu überdenken. Mutig wie ich war, habe ich mich dann doch zum Selbst-Experiment hinreissen lassen. In Nachhinein muss ich zugeben, die Tatsache dass im Regal noch eine volle Palette von den Dingern rumlagen, während andere Sandwich-Sorten alle vergriffen waren, sollte eigentlich Warnung genug gewesen sein, tunlichst die Finger von diese Variante zu lassen.

Jo, ises denn noch Weihnachten?

Nach meinem gelungenen Vortrag heute auf FKOM habe ich mir einen kurzen Abstecher zum Pekinger Olympia-Gelände erlaubt, welches nur 5 Minuten zu Fuß vom Tagungsort weg lag. Anbei einige Fotos bei Nacht, u.a. vom weltbekannten Pekinger National Stadium (北京国家体育场) oder besser bekannt als „Bird’s Nest“ sowie vom Beijing National Aquatics Center  (北京国家游泳中心) oder auch „Water Cube“ genannt.

Bleibenden Eindruck haben bei mir allerdings viel mehr die vielen penetrant blinkenden Weihnachtsbäume gemacht, die die breiten Monumentalstrasse säumen. Auf dem Video sieht man die bombastischen Lichteffekte noch besser. Ich bin mir aber noch nicht ganz sicher, ob diese dort fest zum Inventar gehören oder ob die Chinesen einfach noch nicht geschnallt haben, dass Weihnachten schon etwas länger Schnee von gestern ist. Auf jeden Fall machten weder die olymischen Bauwerke noch die reichlich behängten Nadelgewächse das Rennen um die Gunsten der Parkbesucher. Die Rolle des ultimativen Publikumsmagnets wurde stattdessen aus mir unerklärlichen Gründen diesem krass kitschigen Winterhäuschen samt Schneemann zuteil, welches sich dann auch vor Ansturm der Hobby-Fotoknirpser kaum retten kann.

Die Fotos und das Video habe ich übrigens mit meinem neuen iPhone gemacht, welches ab nun mein ständiger Begleiter sein wird. 🙂

Auch noch zu haben…

Eigentlich müsste ich jetzt dringend meine Präsentation für Mittwoch den letzten Schliff verpassen. Aber die Erlebnisse waren heute wieder mal so unwirklich, dass ich zumindest das eine und andere dringend hier loswerden muss. 😀

Am ersten Tag der Tagung musste ich heute bereits um 6:00 aufstehen. Im Nachhinein aber perfekt für eine Nachteule wie mich, die sich dank Jet-Lag sich um diese Zeit putzmunter fühlte. Zweiter schöner Nebeneffekt: zu der unchristlichen Zeit ist auch in der Metro von der frühmorgentlichen Rushhour in Beijing noch nichts zu merken. So kam ich auch recht pünktlich am Tagungsort an.

Die Keynote-Sessions wurden mit einem Drumshow mit  leichtbekleideten Mädels in weiss eröffnet. Wobei ich ehrlich (rein technisch) jede japanische Daiko-Performance vorgezogen hätte. Umso unterhaltsamer war dann das gemeinsame Mittagsbuffet  im riesigen Bankett-Saal. Die Tatsache, dass ich mich zufällig zu einem Tisch der taiwanesischen Delegation gesetzt habe, bescherrte mir einige der lustigsten Bekanntschaften des Tages. Die Taiwanesen waren anfangs leicht irritiert, als ich meinte, dass ich von der deutschen Delegation bin und hier einen Vortrag auf Englisch halte. Danach driftete die Unterhaltung natürlich gleich ins Private und ich musste notgedrungen mit meinem speziellen Werdegang rausrücken. Das taiwanesische Field ist offensichtlich mit einer großen Mannschaft angereist. So lernte ich daraufhin wie am Fließband neue Taiwanesen kennen nach dem Schema-F, „Visitenkarte tauschen – Werdegang erzählen – Staunen Ernten – Sich für Komplimente bedanken“. Als ich dann auch noch beiläufig antworten musste, dass ich noch ledig bin, wurden mir dann vor allem die Damen in der Runde von ihren männlichen Kollegen mit „besonderer Sorgfalt“  zugeschanzt..ehm..vorgestellt. Dabei fielen Bemerkungen wie : „Das ist die Frau X, sie ist übrigens auch noch zu haben..“, „…und hier haben wir Frau Y, sie sucht noch einen Mann ….“. Ich kam mir fast vor wie bei einem arrangierten Datingevent. 😀

Die Ausbeute am Ende vom Lunch war dann ein ansehenlicher Stapel Visitenkarten und die informelle Einladung, doch mal bald wieder nach Taiwan zu kommen. Und speziell seitens der Männer am Tisch wurde mir (hinter vorgehaltener Hand natürlich) das Angebot gemacht, man würde mir dann die taiwanesische Frauenwelt zeigen, diese seien ja sowieso um Welten besser als die Frauen in Peking… Aha! Ich wusste bis dato gar nicht, dass die chinesisch-taiwanesische Rivalität auch noch diesen Aspekt beinhaltet.

Zurück in der Ferne

Ein überfreundlicher Airport-Pickup-Service mit Empfehlung vom Hotel, ein „leicht“ überdimensioniertes dafür/trotzdem top-ausgestattes Serviced Appartment inkl. persönlicher Begrüßungskarte vom Manager, jede Menge gesperrte Internetseiten von Facebook über Youtube bishin zu WordPress (die ich aber dank Firma-VPN trotzdem erreichen könnte), ein kuscheliger 7-Eleven-Laden zur späten Stunde mit leicht vergriffem japanischem Sushi-Sortiment, eine kindische Citi Bank ATM mit albernen, englischen Begrüßungstext,  kuschelige U-Bahn-Fahrt zur Feierabend-Rushhour zum Testen der eben erworbenen aufladbaren Metro-Dauerkarte, riesige Einkaufszentren mit unzähligen Schnellrestaurants (man beachte das schmucke taoistische Opferaltar mit elektrisch-betriebenen Kerzen an der Küchenwand), welche sich mit diesen und jenen Leckereien um die Gunst des hungrigen, vom Jet-Lag geplagten Kunden wetteifern und natürlich Hektik, Lärm, Menschen und Menschen und Menschen ohne Ende… Manche Bilder des heutigen Tages waren doch ziemlich unwirklich für jemand, der eben vor paar Stunden aus dem Flieger ausgestiegen war, und dem nichts mehr am beschaulichen Abendland erinnert, als erstmal lediglich die zufällig entdeckte Deutsche Bank Filiale. Dafür ließen andere Bilder mich umso unmissverständlicher wissen: Du bist wieder in Asien angekommen.

Das Highlight mit der höchsten Überraschung- und Unterhaltungsnote bekommt heute von mir aber meinen begehbaren Kleiderschrank inkl. Spiegel. Musste doch sehr lachen, weil es mich doch arg an Sex and the City erinnert. Fehlt mir nur noch die entsprechende Sammlung von Klamotten und Schuhen, um ihn artgerecht mit Leben zu füllen…

Morgen geht es gleich weiter „Business as Ususal“ mit Auftritt auf SAP APJ FKOM2010, welches erstmal meine volle Aufmerksamkeit für die nächsten drei Tage binden wird. Ab Donnerstag kann ich mich dann hoffentlich wieder stärker meinen Sozialisierungsaktivitäten in Beijing widmen.

China-Bashing und der G-Punkt

Und es gibt ihn doch in Reinform. Schlechter Journalismus über China. Diesmal verzapft von Financial Times Deutschland.

Der Artikel hat wahrhaftig in seiner Kategorie das Prädikat „besonders wertvoll“ verdient, als dass er geschafft hat, so ziemlich jedes prominente Fauxpas der China-Berichterstattung der vergangenen zwei Jahrzehnte in einer Verdichtung zu begehen, die ich bisher nicht für möglich gehalten habe. Ein möglichst provokanter Titel flankiert mit pseudo-ominöser Bildersprache und kontextfreier Zahlenakrobatik gepaart mit Binsenweisheiten aus der China-Einmaleins-Schatulle, noch schnell die Anti-Globalisierungskeule zum moralischen Rundumschlag geschwungen und fertig ist die Gelbe-Gefahr-Panikpolemik aus der Retorte. 🙄

Zum Glück gab es heute aber auch „differenzierten Journalismus“ zum Lesen, wenn auch in einer ganz anderen Themensparte, dafür aber mit „handfestem“ Informations- und Unterhaltungsmehrwert.  😉

Über Fremdheit und Küsse aus Shanghai

Was treiben Menschen eigentlich dazu, die Strapazen eines Lebens fernab von der Heimat auf sich zu nehmen?

Wo lässt sich das Gefühl des Fremdseins noch richtig erfahren (in einem Zeitalter, in dem die Welt immer mehr zu einem Dorf zusammenschrumpft)?

Wie offenbart sich die Wahrnehmung des Fremdgängers gegenüber sein Heimat- und Gastland?

–>  ein Erklärungsversuch von The Economist

Ich konnte dem theoretischen Bezugsrahmen des Artikels so einiges abgewinnen. Auch wenn einige Behauptungen sehr provokant daher kommen, wie etwa dass die Faszination der „Foreignness“ letztlich auf Flucht vor der Verantwortung fusst (ich hätte es  gerne eher als Ausbruch aus der gesellschaftlichen Rollenzwänge verstanden). Besonders angetan hat mich die Passage über die melancholische Verklärung eines nicht mehr existierenden Heimatbildes genährt von Homesickness(!)  und dessen „incurable variant, nostalgia„. Ich glaube noch nie hat mir etwas geschriebenes so unverblümt ins Gesicht gesagt, dass ich ein heimatloser, realitätsferner Trottel bin. :mrgreen:

Und weil es so schön reinpasst wie Faust aufs Auge, habe ich auch eine Empfehlung für eine filmische Verarbeitung des Themas. „Shanghai Kiss“ (2007) erzählt von einem ABC auf der Suche nach seiner Identität in Shanghai. Göttliche Komödie mit Tiefgang. Eine Perle unter den wenigen US-Filmen über Asian-Americans. Unverständlicherweise in USA nur auf DVD erschienen. An der Frage nach der Mainstream-Tauglichkeit einer Love-Story zwischen einem Asiaten und einem weißen Mädchen wird es wohl nicht gelegen haben. *hust* *hust*